Der Tankstopp war Dienstleistung pur, Autofahrer wurden umworben und waren König Kunde an der Tankstelle. Dienstbeflissen versorgte der Tankwart noch in den 60ern Autos und Mopeds mit Kraftstoff und die Oelstands- oder Luftdruckkontrolle wurde vom gelernten Fachpersonal durchgeführt. Tankwart war ein Beruf. Das Wirtschaftswunder war in voller Fahrt – alle Windschutzscheiben waren klar-gewischt!
(Bildquelle Tankstelle: https//gelsenkirchener-geschichten.de)
Zumeist waren die Kunden markentreu, es kam nur der Tiger in den Tank, überzeugt war man von Fahre ohne Sorge, fahre mit …. oder man tankte gewohnheitsmäßig da, wo man fürsorglich an Nimm Dir Ze it und nicht das Leben erinnert wurde.
Anfang der 70er war dann das Selbst tanken erfunden. Kundenbindung wurde noch immer groß geschrieben, auch wenn der Tankwart jetzt ein Kassierer war, der ab sofort zugleich Getränke und Süßwaren im Angebot hatte. Man bekam bei einem bestimmten Mindestumsatz Oldtimerbilder überreicht, zu den olympischen Spielen 1972 in München waren es dann Sammelmünzen, aber auch Straßenkarten, Schlüsselanhänger, Brettspiele, Eiskratzer uvm. Das Aralinchen oder Herr Tropf wurde den mitfahrenden Kindern als kleine Werbepuppe im Kassenraum in die Hand gedrückt. Das Merchandising, auch wenn man das Wort noch nicht kannte, war bei den Markentankstellen beachtlich – Markentreue wurde belohnt.
Die Autobesitzer verzierten überdies die Heckscheibe ihres Wagens mit den Aufklebern der Mineraloelfirmen, man warb ganz uneigennützig für Ich fahre bleifrei oder man zeigte seine Offenheit für Wo Fortschritt ist, da ist …., sportliche Aufkleber beförderten einen Taunus, einen Kadett oder Käfer zum Kraftprotz.
46.000 Tankstellen gab es zur Blütezeit einmal in Deutschland, darunter natürlich auch viele freie Tankstellen ohne eine Markenbinding. Viele Benzinpumpen an den Landstraßen sind heute lange verschwunden, kleine Tankorte im urbanen Raum sind mittlerweile zum Schnellimbiss oder Getränkemarkt umfunktioniert. Und vieles von der Tankstellenarchitektur/-kultur ist bereits verblasst. Aber selbst die vergessenen Orte versprühen m.E. noch den Charme der vergangenen Zeit (Bilder aus Steinfurt – kleine Aral Station an der Tecklenburger Straße und ehemalige Tankstelle Raue an der Ochtruper Straße).
Heute funktionieren nur noch große Stationen, SB-Markt, Waschstraße inklusive, Ertrag wird weniger mit den Kraft- oder Schmierstoffen gemacht, angeschlossene Werkstätten sind selten geworden. Und bevor wir alle zukünftig an der Steckdose tanken ….
…. meine nachgebaute, historische Tankstelle, die die Oldtimersammlung dekoriert, ist in der vergangenen Woche fertig geworden. Hier das Video dazu.