Dieter fährt sie nicht. Nie – wirklich noch nie! Seit einem Jahr steht die KTM 600 LC 4 bei ihm. Er nennt sie Witwenmacher und spricht vom enormen Drehmoment der 4-Takt-Einzylindermaschine von immerhin schon Baujahr 1998.
Jetzt habe ich diese, seine orange Enduro in meine Obhut bekommen: „kann’st damit fahren“. Einmal habe ich sie auch schon starten können. Auf dem Ständer tanzte sie dann ihren Cha-Cha-Cha. Die Einzylinder hat enorme Vibrationen, 15.ooo km hat sie bisher abgespult. Ich bin das Gerät anschließend um den Block gefahren und mußte aufpassen, dass das Vorderrad Straßenkontakt behielt. Ein ungewollter Wheelie gelingt wohl leicht mit dieser Power. Aber, das ist nicht das Problem. Die Schwierigkeit ist das Anlassen. KTM spricht von Gewichtsersparnis und dem Verzicht auf einen elektrischen Anlasser. NA SUPER – EINE TOLLE IDEE. Das Starten ist ja auch sooooo einfach.
Man sucht durch das langsame Niedertreten des Kickstarters den o.T.-Punkt (zunächst bis zu einem deutlichen Widerstand treten). Anschließend Dekompression ziehen und etwas weiter von oben treten (jetzt minimal über o.T., Kolben in Abwärtsstellung), Dekompressionhebel ist autom. zurückgesprungen. Choke ist gezogen bzw. nicht gezogen (ich probiere in mehreren Versuchen alles durch). Benzinhahn hat die Stellung auf, Zündung ist an, der Kickstarter ist erneut ganz oben. Finger weg vom Gas! Ich sitze auf der Maschine und mit einem leichten Aufstehen geht’s volle Pulle mit dem Kickstarter erneut nach unten. OK, noch einmal. OK, noch einmal. OK, noch, …. Ok, OK, OK …. nicht OK. Das Biest will nicht – alte Hippe! Mit Erschöpfungszustand im linken Bein gebe ich es vorläufig auf. Feddich, den Helm setze ich heute nicht mehr auf. Warm ist mir geworden auf dem Trainingsgerät. 🙂
Ja, ich mache es genau nach den Hinweisen in der Bedienungsanleitung, Benzin bekommt sie auch. Ich versuche es mit Startpilot, Sitzbank hoch und den Luftfilter eingenebelt. Das klappt i.d.R. immer – nix da. Ich hatte sie doch schon einmal anbekommen, was ist jetzt?
Ich weiß, was ihr jetzt denkt – voll der Lappen, kriegt es nicht auf die Kette! Kette stimmt hier übrigens.
Ich sitze noch auf der Maschine und suche sogleich Rat in den Internetforen. Smartphones sind so klasse! Lese von LC 4-Fahrern, die im Schlamm neben der Enduro entkräftet die Maschine nicht wieder gestartet bekommen. Genau, eine Warmstarteinrichtung hat sie auch noch, aber nach den gelesenen Erfahrungsberichten …. KTM bedeutet wohl: Kick Tausend Mal. Technische Hinweise in den Foren geben den Rat zu sog. Starterdüsen mit Zerstäuberverbohrungsversatz (von Sommer). Dr. Sommer – oder was? Kann ich die Krankheit des Mopeds etwa mit dieser Zerstäuber-Therapie in den Griff bekommen? Lesen, lesen, ich bin viel zu tief in ein Einzelproblem abgetaucht, das ist es doch nicht. Sie lief! Ich bin doch schon gefahren!
Wozu gibt es Broadcast Yourself. Bei Youtube finde ich ein nettes Video mit dem Titel: „KTM LC 4 ankicken.“ Ja, so mache ich es doch. Und im Erklärvideo sieht es dazu noch einfach aus. Der Hinweis im Videoabspann gibt mir dann wieder zu denken: „Viel Spaß beim üben“. Üben?
Viel später. Neues ist passiert. Geübt habe ich auch fleißig. Nee, nicht wirklich …. KAPPA (würde unser 14-jähriger Sohn jetzt sagen).
Die Saison 2018 ist lange vorbei. Zum Jahreswechsel steht die Maschine in der Halle oben. Ein Motorrad, das nicht läuft, fährt auch nicht. Es schwebt in diesem Falle in die erste Etage zur Überwinterung. Zumindest meinen neuen Kran konnte ich ausprobieren, ein 1-t-Flaschenzug mit Laufkatze zum Absetzen auf dem Galerieboden.
Im neuen Jahr muss ich die Sache noch einmal gründlicher angehen, systematisch auf Fehlersuche gehen: bekommt sie wirklich Sprit, ist der Zündfunke wirklich da, bin ich zu schwach zum kicken und doch ein Lappen?
Vielleicht probiere ich es mit Anschieben? Verzweifelung!
2019, der erster Vorsatz ist gefasst: sei kein Lappen!
Anschieben einen 600er Eintopf? Besser nicht! Du radierst im günstigsten Falle einen schwarzen Streifen auf den Asphalt. Wenn’s schlecht läuft, findest Du Dich in der Unfallaufnahme wieder.
Meine XT500-Erfahrung mit Kickstarter: der Zündzeitpunkt ist beim Einzylinder kritisch. Ich hatte da mal ein Erlebnis mit einem geschwollenen Knöchel … und ich hab‘ auch schon mal nachts in Frankfurt eine halbe Stunde auf dem Bock rumgetreten bis er wieder ansprang.
Keine Verzweiflungstaten, bleib beim Ingenieursvorgehen: Sprit da, kriegt sie Luft, gibt’s ’ne Zundfunken? nicht absaufen lassen, keine Gemischabmagerung solange sie nicht heiß ist. Und den dicksten Stiefel anziehen, den Du hast: wenn der Zündfunke zu früh kommt, schlägt sie mit voller Power zurück!
Cool bleiben, Du schaffst das!
Gruß, Albert
https://youtu.be/25Duswwrv2U
Vielleicht hilft dir das noch mal zum Thema kicken.
VG
Super. Danke! Zwischenzeitlich hatte ich die KTM schon mal wieder an. Aber so leicht wie im Video – nee. Die Sache mit dem alten Sprit ist ein guter Hinweis. V. Grüße
Olaf