Alles schon einmal gelesen, aber dennoch…
Wenn die Polizia Municipale auffordert die jenseits der regulären Geschwindigkeit fahrenden Verkehrsteilnehmer in den Knatterkisten die Ortsdurchfahrt noch einmal schneller zu fahren,
wenn die Trikolore von der Jet-Staffel in grün-weiß-rot in den Himmel gezeichnet wird, wenn an 4 Tagen Volksfeststimmung herrscht – dann tobt das spektakuläre Autokorso mit über 450 historischen Fahrzeugen die 1.000 Meilen durch Italien.
Die Mille Miglia (Mille), von 1927 bis 1957 ein irrwitziges Rennen von Brescia nach Rom und zurück, wurde 1955 von Stirling Moss im 300 SLR-Mercedes in einer Rekordfahrt von 10:17:48 h gefahren. Nur beiläufig erwähnt, das war u.a. auf Passstraßen und Schotterpisten mit Durchschnittskilometern von 157 pro Stunde!
Seit 1977, in der Auflage der Neuzeit, als Gleichmäßigkeitsfahrt veranstaltet, dürfen die Teilnehmer nach den erledigten Etappen ausruhen, wenn auch nur kurz. Ein Mille-Tag ist lang, anstrengend, Programm- und Sonderpunkte sind zu erledigen, MM-Fans gilt es am Straßenrand zurückzuwinken, das Gaspedal fliegen zu lassen …. und hoffentlich hält die Karre durch!
Millionen fahren gegen Topolinos
Klar, man kann jedes Klischee bedienen, mitunter wird sehr kritisch über die 1.000-Miglia geschrieben (Veranstaltung für Millionäre usw.). Und in der Tat stehen Bugatti, Ferrari und Porsche-Spyder neben dem Fiat-Topolino, Simca oder Buckelsaab in der Startaufstellung. Als Beispiel: der letzte versteigerte, unrestaurierte 1956er Porsche 550 Spyder RS brachte dem Besitzer beim Goodwood Revival 4,6 Mio englische Pfund ein (Auktionshaus Bonhams, 2016).
Aber, solange diese Autolegenden nicht in Sammlungen verschwinden, der Welt nicht entzogen werden, ist alles gut! In der Mille tauchen sie dann auf, werden von Besitzern, Sponsoren und Menschen mit Autoverstand am Leben erhalten – gefahren, gefordert! Jeder, der will, kann sie dann sehen, hören, riechen. Und genau das wollen die Autofans doch!
Die immer im Mai in Italien veranstaltete Mille bietet dazu die beste Gelegenheit. Die Veranstalter behaupten: the most beautiful race in the word. Könnte stimmen!
Fast schon eine Nebensache – Sieger gibt es auch
Entscheidend für eine Platzierung ist es die Zeitkontrollen einzuhalten und möglichst genau die Druckschläuche an den Wertungsstellen zu überfahren. Könner schaffen das in Sekunden-Bruchteilgenauigkeit, wobei nicht 10tel-Genauigkeit gemeint ist, es geht um100stel. Untrainierte Teams oder Teilnehmer in Sponsorenfahrzeugen (z.B. die Promifahrer) haben dabei keine Chance.
Die Besten in dieser Kategorie und Gewinnerteam 2018 waren bzw. sind das argentinische Duo Juan Tonconogy und Barbara Ruffini auf einem Alfa Romeo 6C 1,5 ltr. Gran Sport Testa Fissa aus dem Jahr 1933, Categorie Super Sport, Start-Nummer 85.
Wer an der Mille teilgenommen hat um zu genießen, zu erleben, hat auch alles richtig gemacht! Das Roadbook führte auch 2018 wieder durch wunderschöne Landschaften und zu besonderen Etappenzielen.
Aus meiner subjektiven Beobachtung sind die Campions 2018 auch:
- Ton und Tineke (NL) auf Cisitalia 202 S MM Spider (1947). Ton für das eindruckvollste MM-Gesicht mit weißen Augenringen (wenn er die Rennbrille abnahm) im ansonsten mit Straßenstaub, Oelschmiere und Sonnenbräune gegerbten Gesicht am Passo delle Cisa.
- Mario und Enrica (I) auf Maserati A6 GSC/53 Fantuzzi (1954). Mario ließ den Maserati gefordert und unaufgefordert immer wieder aufheulen – Soundsieger.
- William und Ben (NL) auf Saab 93. Der Saab hatte die Panne schon 100m nach der Startflagge in der jubelnden Menge von Brescia am ersten Tag – Sieger der Herzen.
Videos aus meinen 6 Tagen in Italien
15.5.18, Vortag der Mille, Brixiaform, technische Abnahme der historischen Fahrzeuge:
16.05.18 Start in Brescia (ganz nah dran):
18.05.18 Etappe über den Passo della Cisa – Berganstieg/ -pass:
19.05.18 Rückkehr und Ziel in Bescia, Finale: