Ein BMW 750i von 1990 hat es verdient im Winter unter Dach zu stehen. Klaus-Dieter hat den E32 bei mir eingelagert.
Preis, nee Marketing
In der Preisliste von 1990, die bei mir noch zwischen den vielen Autoprospekten lag, habe ich dann spontan nachgeschaut. Wie war der Neuwagenpreis des BMW-7er? Nein, was ist denn das …. 100 Tsd. DM glatt!
120 Tsd. hätte man sich für den 12-Zylinder vielleicht noch besser merken können! Aber, man mußte nur bei den Extras ordentlich ankreuzen, dann war auch das möglich. 😉
Gesetze der Oberklasse
Mit dem E32 konnte BMW gegenüber den Stuttgarter Mitbewerbern in der Oberklasse erneut auftrumpfen. Er fand zum Start in 1986 sofort großen Anklang. Die Motorpresse war begeistert, die Kundschaft konnte eine dynamische und ausgereiftere 7er-Oberklassen-Limousine der 2. Generation kaufen. Der Typ 750i, der im Sommer 1987 die Motorenpalette nach oben abrundete, wurde in der Höchstgeschwindigkeit bei 250 km/h elektronisch eingeregelt. Diese Selbstbeschränkung wurde seinerzeit mit Audi und Mercedes-Benz vereinbart. Ein Wettrüsten um den km/h-Maximalwert war dann doch zu brisant.
Kleine Satire dazu …. wozu? …. zum Preis ….
Preisliste BMW-Modelle 1990 – so könnte es sich zugetragen haben. Bitte, ich bin kein BMW-Insider, habe auch nie für BMW gearbeitet. Tatsächlich so NICHT passiert!
In München, im 22. Stock des 4-Zylinder-Hauptverwaltungsgebäudes wird dem Vorstand unter Vorsitz von E.v.K. der Agenda-Punkt: Preise PKW-Programm ab Mai 1990 als Entscheidungsvorlage vorgelegt.
Vertrieb, Produktmanagement und Marketing haben alles ausgearbeitet, der Finanzbereich war am gesamten Prozess beteiligt und hat im Vorfeld das Business-Case gerechnet. Man kann auch sagen: das Controlling hat in den letzten Wochen alle genervt, nein gequält. Absatzzahlen der Vergangenheit, Extrapolation der Zukunftsdaten, wichtige Absatzmärkte, Risikofaktoren, Ertrag vor Steuern, EBITDA, Gewinn, Händlermargen, …., alles ist auf links gezogen worden und jetzt in einem Satz von Power-Point-Folien zusammengetragen. Beamer gab es noch nicht.
Die Herren des Vorstands werden in der Runde mit Kaffee versorgt, der Overheadprojektor lüftet jetzt hörbar und das Projektorlicht wird heller. Das versammelt zur Konzentration, zumal E.v.K. jetzt den Raum betreten hat.
Bereichsleitung aus Produktmanagement und Vertrieb PKW-Programm dürfen dem Vorstand vortragen. Der Chef-Controller nimmt auch teil. Balkendiagramme, Tabellenkalkulation, Tortencharts, Probeflyer der neuen Preislisten für alle Vorstandsmitglieder liegen auf dem Tisch – das ganze Manager-Einmaleins kommt zur Anwendung. Sicher auftreten, keine Bedenken aufkommen lassen, auch mal grob im Kopf die Summen überschagen, das kommt gut an. Der Controller verläßt sich derweil auf seine Backup-Folien. Backups, ganz wichtig, falls der Vorstand detailliert nachfragt.
Der Vortrag wird lang, länger, lang(weiliger). Sind die einzelnen Modelle rentabel, Preise plausibel, gut gestaffelt, darf ein 316i wirklich nackt schon fast DM 25.000,- kosten?
Mittlerweile sind viele beteiligt, viele reden mit, Fragen werden gestellt. Haben alle schon etwas gesagt? Und – soll wirklich der gesamte Vormittag mit Modell-Preisdiskussionen verbracht werden?
Aus der Runde: „Wie liegen die Preise in Stuttgart beim Daimler?“ E.v.K.: „Ach, alles Image da, keine echten Preise.“
Das kann noch Stunden dauern. Und, es mußte so kommen, jetzt fragt überdies noch einer nach den neuen Preisen der elektrischen Fensterheber im 5er ….
„Halt, meine Herren“ …. E.v.K. schaltet sich noch einmal ein. Wenn er spricht verstummen die anderen, ihm hört man zu, auch wenn er leise spricht. Er stellt schließlich auch eine Frage. Eine vereinfachende Frage, wie es nur dem Vorstandvorsitzenden gelingen kann, er muss außerdem pünktlich zum nächsten Termin: „Was ist unser Flagschiff, was soll das Top-Modell kosten? Sagen wir mal DM 100.000,-. Ja, der 750i darf das jetzt kosten! Bei konstantem EBITDA kann man doch die anderen Modelle unter dieser Maßgabe staffeln.“
Na also! Das war dann auch nicht wirklich eine Frage! Richtige Manager haben Lösungen! Ja, das klingt gut, nicht logisch, aber gut, einprägsam. Das kann man behalten.
Beim 750i kennt E.v.K. sich aus, hat er doch gegen alle Bedenken die erste serienmäßige 12-Zyl.-Limousine 1987 maßgeblich auf den Weg gebracht. Sein Baby. Mit dem E32 konnte er den Stuttgartern die Rücklichter zeigen.
„100.000,- glatt“, sagen andere Vorstandmitglieder vor sich hin. In Gedanken: 100.000,- für den PKW, den ich auch als Dienstwagen fahre, das erzähl ich der Frau Zuhause, die wird staunen! Genial, das ist so einfach!
Und so kam es ….
E.v.K.: „Vielen Dank an die Vortragenden, die Vorstandsvorlage ist angenommen mit der Maßgabe 100.000,- glatt für den 750i. Alles andere darunter bitte neu staffeln! Keine Wiedervorlage. Gute Arbeit meine Herren!“